Hidden Figures: Kritik - K50 neue Website

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Filmbeschreibungen


In „Hidden Figures“ geht es um Menschen, die aus dem Schatten der  gesellschaftlichen Zwänge heraustreten und so sanft wie beharrlich  Anerkennung für sich und ihre Leistung einfordern. Und weil sie als  schwarze Frauen durch Rasse und Geschlecht in den 1960er-Jahren in den  USA gleich zweifach benachteiligt sind, könnte dem Film des Regisseur  Theodore Melfi eine besondere Brisanz innewohnen, zumal er auf einer  wahren Begebenheit beruht. Doch man sollte sich keine Illusionen machen.  Dies ist Hollywoods Version von dem, was damals passiert sein könnte.  Rassenunruhen, Demonstrationen und Polizeigewalt spart der Film  zugunsten angenehmer, familienfreundlicher Unterhaltung komplett aus.

Im  Mittelpunkt stehen Katherine Johnson, Dorothy Vaughan und Mary Jackson,  drei gute Freundinnen, die in Langley, Virginia, 1961 als  Mathematikerinnen für die NASA Flugbahnen berechnen. Durch ihre  Kalkulationen soll ein sicherer Start der Raketen gewährleisten werden.  Es ist die Zeit des Wettrennens der Supermächte um den ersten bemannten  Raumflug. Al Harrison, Leiter der Space Task Group, gibt den Druck,  unter dem er steht, direkt an seine Mitarbeiter weiter. Und es ist die  Zeit der strikten Rassentrennung. Katherine, Dorothy und Mary arbeiten  als schwarze Frauen in einem separaten Gebäude, die Kommunikationswege  sind lang und umständlich. Trotzdem bleibt Harrison die überragende  Brillanz von Katherine nicht verborgen. Er holt sie, sehr zum Unwillen  der weißen Männer, in sein Team und gibt ihr immer verantwortungsvollere  Aufgaben. Dorothy hingegen ist mit der Einrichtung eines dringend  benötigten Computerraums betraut, doch die Lorbeeren stecken andere ein.  Mary macht sich als Ingenieurin unentbehrlich.

Drei Geschichten,  drei Siege: Das ist die schlichte Gleichung von Theodore Melfi. Die  Aufmerksamkeit des Films konzentriert sich allmählich jedoch auf  Katherine, der sogar eine Liebesgeschichte, also ein Abstecher ins  Private, zugestanden wird. Am besten ist der Film jedoch dort, wo er  sich auf die Arbeit bei der NASA konzentriert. Hier wird auch die  Ungleichheit zwischen Schwarz und Weiß, Frauen und Männern am  deutlichsten – ohne aggressive Gewalt oder actionbetonte  Auseinandersetzungen.

Den alltäglichen Rassismus macht Melfi an  Kleinigkeiten fest. So besorgen die Männer des Großraumbüros einfach  eine zweite, sehr viel kleinere Kaffeekanne, die nur für Katherine da  ist. Manchmal löst die Inszenierung ähnliche Konflikte auch komisch auf,  ohne dadurch an Kraft zu verlieren. So muss Katherine für die Toilette  vom Hauptgebäude in das weit entfernte Computergebäude laufen, das als  einziges auch über Waschräume für Schwarze verfügt. Harrison bleibt das  nicht verborgen, weil die Toilettenpause wertvolle Zeit kostet. Seine  Reaktion beweist anschaulich, dass auch Weiße in den 1960er-Jahren  Stellung gegen die Rassentrennung bezogen haben. Kevin Costner spielt  diesen Mann unprätentiös und zurückgenommen. Kirsten Dunst hingegen  macht als überhebliche Chefin von Dorothy die größte Wandlung durch,  wenn sie in einer großartigen Szene am Schluss die Verdienste der  schwarzen Frau anerkennt.

Melfi löst die drei Erzählstränge ein  wenig zu einfach, zu sanft und zu anrührend auf. Zielstrebigkeit,  Solidarität und der optimistische Glaube, dass sich Talent, Wissen und  Können am Ende gegen Arroganz und Unterdrückung durchsetzen, werden als  uramerikanische Werte hochgehalten. Der Szene, in der mehrere Dutzend  schwarzer Frauen im Gänsemarsch den Computerraum verlassen, um endlich  im Hauptgebäude arbeiten zu können, kommt deshalb eine emblematische  Bedeutung zu: Nur gemeinsam können Frauen es schaffen!

Michael Ranze, FILMDIENST 2017/3    



 
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